Dienstag, 29. Mai 2007

Un très bref discours de la mani(e)



Bildquelle: Rheinische Post Online

Es ist eine absurde Eigenschaft der modernen (oder sagt man schon "postmodernen"?) Gesellschaft, daß um Begriffe, von denen eigentlich jeder nur eine sehr vage Vorstellung hat, grundsätzlich am leidenschaftlichsten gerungen wird. Betrachten wir einmal das Beispiel "Globalisierung": Jeder ist dafür, dagegen oder beides, und jeder meint, seinen Senf dazugeben zu müssen, aber fragt man jemanden, um was es überhaupt geht, erhält man mindestens so viele verschiedene Antworten wie Gesprächspartner.

Vor dem Hintergrund dieser Tatsache wirken Aufnahmen wie die obige noch skuriller und zugleich noch erschütternder: Ist es in Deutschland schon so weit gekommen, daß brennende Barrikaden, Pfefferspray und fliegende Steine eine politische Diskussion ersetzen? Antwort: Ja, und zwar schon lange, etwa seit 1968.

Gehen wir nun der allseits beliebten Frage "Warum?" nach, vielleicht noch erweitert um das der philosophischen deutschen Seele gerecht werdende epitheton ornans "eigentlich" - fragen wir also: "Warum eigentlich?"
Die vielbemühte "Verrohung der Gesellschaft" mag die grundsätzlich gestiegene Bereitschaft zum Skandieren hirnloser Parolen und zum begleitenden Einsatz von Wurfobjekten erklären, nicht aber die Frage, wieso gerade bei G8-/EU-/Asem-/etc.-Gipfeln sich besagte Bereitschaft so prominent manifestiert.

Eine Antwort ist natürlich dadurch gegeben, daß sich bei solchen Treffen Vertreter von Staaten treffen, noch dazu von reichen Staaten, und wo "reich" und "Staat" in solcher Harmonie zusammenkommen, da hat man natürlich sofort den Zorn der sogenannten Autonomen erregt, die in Massen herbeiströmen, um energisch und zur Not auch gewaltsam ihrem Unmut darüber Luft zu machen, daß sich da Leute treffen, mit denen sie nichts zu tun haben wollen.

Aber nein, auch das ist noch nicht alles: Es geht, wie wir ja bereits eingangs festgestellt haben, hier um die Globalisierung. Eigentlich ist der Begriff an sich schon ein bißchen unglücklich, stammt er doch vom lateinischen globus ab, was soviel wie "Kugel" oder "Ball" bedeutet. Wir sollen also gekugelt werden oder auch ballifiziert (balla-balla?), aber auch das hilft nicht wirklich weiter - nein, es geht hier natürlich um den Erdball (der eigentlich ein Ellipsoid ist, aber darüber wollen wir gnädig hinwegsehen).

Da sich über diese etymologische Betrachtung hinaus auch noch weitere Schwierigkeiten bei der Definition dieses Begriffes ergeben und das bei einem Politikum eher hinderlich ist, wollen wir hier einzelne Aspekte betrachten, die definitiv zu der Entwicklung, die gemeinhin als Globalisierung bezeichnet wird, gehören.

Zum einen wäre da die Entstehung und Begünstigung von Konzernen zu erwähnen, die über Ländergrenzen hinweg operieren und einige Länder mittlerweile in den ihnen zur Verfügung stehenden monetären Mitteln gar übertrumpfen. Zum anderen erhöht sich aber auch die Mobilität des Einzelnen, sowohl physisch als auch kommunikationstechnisch.

Letzterer Punkt ist wohl positiv hervorzuheben; ersterer, der wohl am meisten die Gemüter vor allem im sozialistischen Lager erregt, muß aber kritisch betrachtet werden.
Ich bin beileibe nicht Teil dessen, was man gemeinhin als "linkes Spektrum" bezeichnet (über Sinn und Unsinn solcher Zuordnungen möchte ich mich an anderer Stelle gesondert äußern). Aber wenn die Wirtschaft den Nationalstaaten buchstäblich über den Kopf bzw. über die Grenzen wächst, wird es eng. Ganz eng. So eng, daß Sozialisten und Konservative, Monarchisten und Republikaner, Patrioten und "Deutschland verrecke!"-T-Shirt-Träger eigentlich zusammenrücken müßten, um sich der dunklen Bedrohung entgegenzustellen.

Tun wir das? Nein. Und warum (eigentlich) nicht? Weil unsere Opposition zur Globalisierung bzw. zur genannten Ausprägung derselben völlig unterschiedliche weltanschauliche Hintergründe hat. Die einen wollen den Nationalstaat retten, die anderen sehen den Nationalstaat als Wurzel des ganzen Übels, und wieder andere verfolgen den Ansatz:

Phase 1: Hochhaus in die Luft jagen!
Phase 2: ???
Phase 3: Profit!,

aber das ist theoretisch irgendwie noch nicht ganz ausgereift, weswegen von der praktischen Umsetzung an dieser Stelle ausdrücklich abgeraten wird.

Und zu dieser ganzen Wurst jetzt noch mein Senf: Wenn Globalisierung heißt, daß die Mobilität des Menschen in der Welt in der oben beschriebenen Weise zunimmt, dann: Ja, bitte.
Wenn sie aber nichts anderes ist als das politisch korrekte Wort für "Amerikanisierung" (und das ist in den USA tatsächlich der Fall!), für die Ablösung des Vaterlandes durch den Mutterkonzern (ist das frauendfeindlich?), für die Nivellierung der historisch gewachsenen Sprachen, Kulturen, Traditionen und Lebensgewohnheiten unseres Planeten zu einem angelsächsisch-sprechenden Stars-and-Stripes-Einheitsbrei, dann: Nein.

Ohne "Danke".

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